Respekt für das Stehvermögen – mehr als für den Inhalt.

Die Einundzwanzigste. Wow, ich bin beeindruckt. Außerdem frage ich mich, warum ich davon nur vierzehn habe. Muss ich mal ändern (bis auf die unsägliche, unerträgliche "Pleasure And The Pain", die habe ich mal weggeworfen. Die will ich nicht wiederhaben.). Aber trotzdem, mehr SAGA. Und vor allem jetzt: mehr "Sagacity".

Das wichtigste, was man zum neuen Album sagen kann, ist, dass es zuerst einmal stilistisch typisch SAGA ist. Nun hat sicher auch niemand erwartet, dass sich die Herren auf die alten Tage nochmal komplett ändern. Aber die keyboardlastigen Hymnen und Michael Sadlers brillante Stimme sind natürlich die stilgebenden Elemente auch dieses neuen Albums, das uns zwölf neue Songs kredenzt. Nach einigen Durchläufen fällt auf, dass die opulent-proggigen Zeiten von "Trust" und "10000 Days" endgültig vorbei sind. Und dass Crichtons Gitarre weiter im Vordergrund steht und auch mal braten darf. Und dass das Album eine irgendwie unbefriedigende, unorganische Produktion hat, die mich völlig kalt lässt. Es fehlt durchgehend an Druck, an Freude, alles klingt steril und perfekt, obwohl viele Songs wie beispielsweise 'Vital Signs' eigentlich cool grooven müssten. Ist aber Fehlanzeige. Liegt das an mir? Statt Groove bemerke ich nur gelangweiltes Schwanken. Das Booklet gibt Auskunft über einen möglichen Grund: Mixing per Software, Internetaustausch und Hören per iPhone. Ist das die Ursache? Ist das die Zukunft des Soundrecordings? Ich hoffe nicht.

Aber sonst hat sich im Hause SAGA tatsächlich nichts verändert, und hinter dem vordergründig auffallend schwachbrüstigen Sound verbergen sich Kompositionen, die ihre Urheber deutlich sichtbar machen. In den besten Momenten können sie dabei durchaus mit den alten Großtaten mithalten. Dazu gehört das JETHRO TULL-artige 'Go With The Flow', das angesprochene 'Vital Signs', das basslastige 'Wake Up' und 'Don't Forget To Breathe', mein heimliches Highlight. Auch 'No Two Sides' ist noch ganz gut. Aber dann muss man schon den Finger in die Wunde legen, und das kann man nicht ganz auf den Sound schieben. 'Let It Slide' ist als Opener schon mal lässig. Der Refrain ist typisch SAGA, die Strophen eher von der gelangweilten Sorte.

Auch später gibt es zahlreiche ruhige, relaxte Momente, die die Energie, die vielen Kompositionen der Band sonst innewohnt, nicht aufweist. Speziell im hinteren Teil, wenn es etwas experimenteller wird, dominieren die seltsameren Songs. 'On My Way' klingt wie ein Schlager mit überflüssigem Keyboard-Intro, 'Luck' ist ziemlich, ähm, unglücklich bis auf den Refrain, und 'I'll Be' kriegt die Handbremse nicht gelöst. Bleibt noch 'Press 9', der irgendwo zwischen Folkgesäusel und Weihnachtslied schwebt und der Skiptaste eine Daseinsberechtigung gibt.

So bin ich hin und hergerissen. Das Promogeblubber, dass die Scheibe natürlich total lobt, liegt mal gehörig falsch. Vor allem, weil die Limited Edition noch eine Live-CD als Bonus enthält, die die fetten Hits der Band am Start hat und obendrein einen besseren, druckvolleren Sound und einen durchaus nicht zu unterschätzenden Kaufgrund darstellt, besonders wegen der beiden Nichthits 'The Cross' vom "Generation 13"-Album und 'Mouse In A Maze'. Da ist dann der direkte Vergleich vorhanden, was "Sagacity" nicht zum Vorteil gereicht. Unter dem berühmten Strich ist das einundzwanzigste Album damit ein durchwachsenes Vergnügen, das man zwar haben und genießen kann, aber das deutlich hinter den Großtaten zurückbleibt. Und leider auch hinter allen anderen Scheiben der letzten fünfzehn Jahre, inklusive der Sadler-freien "The Human Condition".

Note:
6.00
Redakteur:
Frank Jaeger


Quelle: http://powermetal.de/review/review-Saga/Sagacity,24563.html

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