Vollkommen unvoreingenommen gehe ich an das neue Album der Prog-Rocker von SAGA. Ich muss nämlich zu meiner Schande gestehen, dass ich mit „10.000 Days‟ zum ersten Mal mit den Kanadiern konfrontiert werde, die bereits seit gut 30 Jahren Musik machen. Für langjährige Fans der Band, stellt das Album etwas ganz Besonderes dar, weil Sänger, Keyboarder und Gründungsmitglied Michael Sadler die Band aus persönlichen Gründen verlässt.

Dass „10.000 Days‟ deswegen aber kein trauriges Abschiedsmonument geworden ist, stellt man sehr schnell fest. SAGA legen sofort mit ihrem sehr markanten Prog-Rock los, und führen den Hörer auf eine Zeitreise durch mehrere musikalische Epochen. Mal ruhig, lässig und beschwingt vor sich hin proggend, mal aber auch majestätisch im Midtempo oder auch eine Schüppe härter, präsentieren sich die Jungs stets in bestechender Form. Man meint, die Zeit sei stehengeblieben, wenn man den umwerfenden Bassfiguren lauscht, oder sich die, mal abgefahrenen, mal melodisch untersetzten Keyboardläufe ins Gehirn meißeln. Die fünf Bandmitglieder sind, deutlich hörbar, Virtuosen an ihren Instrumenten und schaffen begeisternde Klangfassaden, die durch die sehr markante und variable Stimme von Sadler bereichert werden.

Der erste Höhepunkt des Albums, was bei dem stets hohen Niveau schon was heißt, ist das sieben minütige Instrumental „Corkentellis‟. Dieser Track verdeutlicht, dass es keinen Gesang braucht, um den Hörer auf eine fesselnde Reise zu schicken. Hier wird ganz großes Kopfkino geboten.
Das folgende, sehr balladeske „More Than I Deserve‟ ist der Abschiedstrack von Michael Sadler, in dem er Fans, Bandkollegen und Weggefährten dankt und sich nochmals ganz tief in deren Herzen singt. Der Song besticht nicht nur durch seine sehr ruhige, fast etwas melancholische Stimmung, sonder auch durch ein großartiges, gefühlvolles Gitarrensolo. Man meint, hier wolle sich Gitarrist und ebenfalls Gründungsmitglied Ian Crichton, persönlich von seinem langjährigen Bandkollegen verabschieden.

Aber auch die Songs, die ich nicht gesondert angesprochen habe, bestechen durch progressive, aber dennoch recht eingängige Strukturen, was nicht zuletzt an den stets hymnischen Refrains liegen dürfte. Vor allem beim Rausschmeißer „It Never Ends‟ zeigen die Jungs nochmal mehr als deutlich, warum sie seit 30 Jahren zu den meist bejubelten Prog-Rockern gehören dürfen.

Insgesamt ist „10.000 Days‟ ein ganz großes Album, von ganz großen Musikern geworden. Jeder der, wie ich, vorher nie in den Genuss der Kanadier gekommen ist, sollte hier mal einen Blick riskieren.
8,5 von 10

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